Die letzten Tage in den Mangroven

Wenn man irgendwo eine Zeit lang ist und der Abschied naht, hat man oft ein vollgepacktes Programm: Alle Projekte abschließen, alle Freunde nochmal treffen, restliche Besorgungen, Lieblingsorte noch einmal besuchen etc. Hatte ich mir auch vorgenommen. Nachdem ich mit dem Abschluss meiner Projekte für Honko fertig war, und mich dem schönen Teil, widmend wollte, kam alles ein bisschen anders.

DSC00572Freitag wollten Nikki und ich noch mal Kajak fahren, allerdings dauerte dann ihr Besuch der neuen möglichen Partnerorganisation Copefrito südlich von Toliara einen ganzen Tag, und nicht nur wenige Stunden. Also kein Kajak.

Früh wollte ich eigentlich mit Lalas und Salah eine Vogelexpedition machen. Da sich außer uns aber kein anderer im Center befand und die beiden Vögel erkennen zusammen üben  müssen hielt ich die Stellung. Also keine Vögel.

Der Kreis schließt sich

In der Nacht zu Samstag (06.02.) hatte ich riesige Kopfschmerzen und Fieber, ziemlich unschön. Nur nicht unterkriegen lassen! Bin also mit Lalas und Salah Samstag auf Vogel-Tour, nachdem die anderen zurück waren. Anschließend sofort aufs Bett gefallen. Wieder Kopfschmerzen und unsägliches Fieber, Dünnpfiff. Nikki döste ihre Partynacht in Toliara weg. Mittags dann mehrfach den Kopf in einen Eimer Wasser versenkt, Waschlappen auf die Stirn, zumindest explodierte mein Gehirn jetzt nicht mehr. Junior Guides konnte ich auf keinen Fall betreuen, Nikki empfahl das Krankenhaus.

Malaria-Erkältungssymptome sind in einem „mückeninfizierten Sumpf“ wie Nikki es gerne nennt, wo wöchentlich irgendwer Malaria hat und einige nicht mehr aufstehen ein bisschen gruselig, trotz Malarone Malariaprophylaxe.

Wir also mit dem Tuck-Tuck und Lalas als Übersetzer nach Toliara gefahren. Mir kam die Strecke noch nie so lange vor. Besonders gefedert sind Tuck-Tucks nicht und so verfällt der Kranke schnell in einen Ist-mir-alles-egal-sag-Bescheid-wenn-es-vorbei-ist-Zustand. Schließlich erreichten wir die kleine Klinik St. Luc. Kein Mensch da, im Hof sitzen ein paar Männer. Einer humpelt los und geht einen jungen Mann in weißem Kittel holen. Er holt uns in ein winziges Zimmer, wo ich gewogen werde, Blutdruck (mit Handpumpe) und Temperatur (mit Quecksilberthermometer) gemessen wird. Alle Daten schreibt er fein säuberlich auf ein blankes Blatt Papier und malt mit Lineal Unterteilungen. Wir warten im menschenleeren gefliesten Raum. Ein dicklicher älterer Mann in nicht zueinanderpassenden Hawaii-Shorts und Hemd kommt auf uns zu. Es ist der Arzt. Es geht in sein ziemlich leeres Behandlungszimmer. Er hat wohl in Gera studiert, aber das geht in dem Moment an mir vorbei. Werde nach Symptomen gefragt (auf Französisch), bzw. Lalas übersetzt in Englisch wenn mein Gehirn schlapp macht. Lege mich kurz auf die Liege, der Arzt drückt hier und da, leuchtet in Mund und Nase. Wieder ins Wartezimmer. Werden in ein neues winziges Zimmer in einem anderen Gebäude geführt, wo ein junger Mann in Ausgeh-Klamotten mir eine Tropfen Blut zum Malariatesten abnimmt. 20min warten.

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Great Channel und Piroge

Zwischendurch treffen wir Rinah und einen Freiwilligen von Reef Doctor, die Welt ist klein und Toliara und die NGO-Landschaft besonders. Werde in ein neues winziges Zimmer geführt wo ich auf dem einzigen Holzstuhl vor einem Krankenbett mit einem Patienten Platz nehme. Malaria: negativ. Das hilft mir in dem Moment aber auch nicht. Bekomme Paracetamol und Vitamin Sprudeltabletten. Anschließend geht es mit dem Tuck-Tuck wieder nach Honko, bzw. Nikki bleibt zum Feiern mit den Reef Doctor Leuten in Toliara.

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Toilette von hinten: besseres Modell als bei Reef Doctor

Ist vielleicht auch besser so, denn die nächste Nacht ist nicht viel angenehmer als die vorherige und ich schlafe kaum. Fange Sonntag mit einem Antibiotikum gegen Durchfall an. Die darauffolgende Nacht ist noch schlimmer und ich pendle mit Magenkrämpfen und Übelkeit zwischen Bett und Toilette bzw. versuche mich mit lesen abzulenken. Nach 3 Stunden Schlaf ist die Nacht vorbei. Nehme Montag ein Mittel gegen Magenkrämpfe und ein anderes Antibiotikum und bin in 4 Stunden wieder vollkommen hergestellt. Viel Zeit bleibt jetzt nicht mehr in Honko aber wir gehen im Sonnenuntergang bei Neumond-bedingten hohen Tide noch einmal schwimmen. Die neue Volontärin die Montag (08.02.2016)  aus Belgien angekommen ist, ist ganz begeistert – in Europa ist ja Winter.

Merke: Reisedurchfall kann nach dem 3 Monat schlimmer sein, als in der 2. Woche

Letzte Velomas in Toliara

Dienstag fahren wir alle mit dem Taxi (ich habe ja Gepäck) nach Toliara. Ein riesen Stapel Kleidung bleibt zurück, sowie all die kleinen Dinge die daheim alltäglich, aber hier schwer zu beschaffen sind: Klebezettel, aufladbare Taschenlampen, Kugelschreiber, Papier, Tampons etc.

Wir lassen unsere Sachen im direkt am Meer gelegenen Hotel Al Shame. Bezeichnenderweise steht im Hof der letzte noch nicht gefällte graue Mangrovenbaum. Die Wellen schlagen gegen unsere Zimmerwand.

Vieles hat leider zu, aber wir essen Mittag im ziemlich künstlerisch gestalteten Restaurant Le Jardin. Überall hängen Bilder und stehen geschnitzte alo-alos (Mahafali-Grab-Totempfähle). Ein paar Freunde von Lara, die mittlerweile schon auf La Réunion ist, schließen sich uns an.

Der Abend klingt aus in Manues Etincelle Bar.

Der Bar, wo wir zu Silvester tanzten, bevor der Luxemburger sich seine Zähne aussschlug,
der Bar wo Nikki ihren Freund auf Zeit von Reef Doctor fand,
der Bar wo Laras Veloma-Party (Abschiedsparty) war,
wo wir so oft 4-Käsepizza mit Mike aßen, während wir im Internet surften,
der Bar, wo man barfuß tanzen kann bis der Schweiß tropft,
wo man Rum in allen Geschmacksrichtungen aus Weingläsern trinkt,
und wo der Stecker für die Beleuchtung der Fassade jedes Mal gezogen werden muss, wenn jemand Pommes Frites will (für die Fritteuse).

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Le Jardin

 

Die Freunde von Manue und Lara bringen uns Mädels in einem riesigen 4×4 zurück zu unserem Hotel. Das ist auf jedem Fall bequemer als zu dritt in einem Pousse-Pousse und auch viel cooler. Es geht vorbei am Tam-Tam der viel berüchtigten Disko und dann ab ins Bett.

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VELOMA!

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Hotel Al Shame Fensterblick

Die wehrhaften Pflanzen des Dry Spiny Fo-rest

Obwohl ich es während meines 3-monatigen Aufenthalts keinesfalls schaffen werde, Madagaskar ausführlich zu bereisen, gibt es doch auch hier im Südwesten viel zu sehen. Letzte Woche waren wir (07.01.2016) im Arboretum d`Antsokay.

Es wurde 1980 von einem schweizerischen Hobby-Pflanzennarr gegründet und  kann mit beeindruckenden Zahlen aufwarten: 90% der Pflanzen sind endemisch und 80% medizinisch nutzbar – man muss nur wissen wofür.

Ziegelei

Ziegelei

Wir erreichen das Arboretum, 11km östlich von Toliara am Tag zuvor mit einem Taxi (30.000Ar, im Vergleich dazu ein Ticket von Toliara nach Tana 50.000Ar für ein Taxi-Brousse) und nächtigen in einem der sehr luxuriösen Bungalows in der Auberge de la Table. Auf dem Weg fahren wir an einer Ziegelbrennerei vorbei, die an eine Mondlandschaft erinnert, da jedes Mal neue Öfen gebaut werden müssen. Glücklicherweise können sich viele Leute keine Ziegel leiste, sonst würde sich diese Mondlandschaft wohl noch weiter ausbreiten. Madagaskar wurde erst vor ein paar Tagen zum 5.ärmsten Land der Welt gekürt (nach Burundi, der Zentralafrikanischen Republik, Malawi und Gambia), mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von sagenhaften 350€.

Es gibt im Hotel sogar einen Pool und das in einer so trockenen Gegend! Wir sind neben einem Ehepaar die einzigen Gäste im Hotel – und neben den Madagascar (Olive) bee-eaters (Merops persicus) die einzigen Nutzer des Pools. Das erste Mal, dass ich in Madagaskar in Chlorwasser schwimmen gehe, ein bisschen surreal! Der Bungalow für drei Personen ist relativ teuer, im Vergleich zu was wir sonst zahlen (135.000Ar/Nacht, sonst 15.000Ar/Nacht), aber dafür ist der Eintrittspreis für das Arboretum inbegriffen. Wenn man das Ganze in Euro umrechnet, relativiert sich diese horrende Zahl ganz schnell. Wer einmal Luxus genießen will, kann dieses fast zum Studententarif in Madagaskar tun – nur der Flugpreis macht das wieder zunichte.

Der Eco-Guide erklärt uns bei der morgendlichen Tour die zahlreichen medizinischen und anderen Nutzungsmöglichkeiten der Pflanzen. Nebenher lernen wir eine ganze Reihe lustiger Bezeichnungen für die hiesige Flora. Laro kann z.B. in die Augen geschmiert zur Erblindung führen. Dazu gibt es zum Glück auch ein Gegengift, von einem anderen Baum versteht sich. Laro wird von Fischern aber auch zum Fischen eingesetzt, da das Gift des Baums die Fische betäubt und aufschwimmen lässt. Die Nutzung zum Fischen ist gesetzlich verboten, aber genauso ist die Nutzung von Moskitonetzen etc. verboten und keiner kontrolliert es.

Kompasstrees, die aussehen wie Kakteen, zeigen immer Richtung Süden, es sei denn, sie wurden umgepflanzt versteht sich. Eine andere Pflanze wird als Touristennase bezeichnet, da ihre Frucht solchen gleichen. Anbei ein paar Fotos von weiteren lustigen Pflanzennamen.

Wir entdecken auch wieder den Vazaha-Tree, den wir schon in Reniala gesehen haben. Die Rinde pellt sich wie die Haut krebsroter weißer Westler. Viele Bäume haben diese beeindruckende Fähigkeit, während der Trockenzeit ihre Rinde abzuschälen. Sie verlieren zudem all ihre Blätter, wie die Bäume bei uns im Herbst, um Wasser zu sparen. Der Stamm bildet dann in der obersten Schicht Chlorophyll aus, damit der Baum weiterhin Photosynthese betreiben kann. Viele Bäume sehen in der Trockenzeit tatsächlich ziemlich tot aus, haben aber in ihren Stämmen oder Wurzeln Wasservorräte, um die 9 Monate Trockenheit, mit nur vereinzelten Niederschlägen, zu überstehen. Der Klimawandel ist trotzdem für den Dry Spiny Forest ein Problem, da die Temperaturen steigen und es außerhalb der Regenzeit überhaupt nicht mehr regnet. Das ist selbst für den stacheligsten „Kaktus“ zu viel.

Der Dry Spiny Forest ist ein Ökosystem, welches in solcher Art einmalig auf der Welt ist. Jede Pflanze hat im wesentlichen Stacheln. Von den sensiblen Mimosen zu den eigentümlichen Oktopus-Bäumen! Also kein Wald, in welchem man mal eben barfuß läuft. Honko liegt zwischen den Mangroven und dem – wenn auch ziemlich degradierten – Trockenwald. Darum gibt es hier auch insgesamt über 60 Vogelarten (Wasser-, Wat- und Singvögel, Greifvögel etc.) zu sehen! Wenn man hier durch den Park des Arboretums läuft, vergisst man fasst, das um Tuléar in den letzten Jahren 20% des Waldes durch Abbrennen für Landwirtschaft und Holzbedarf verloren ging. Durch Regen und Wind wird die Erosion vorangetrieben und die Flüsse spülen die Sandmassen ins Riff.

Jetzt, wo die Regenzeit beginnt (insgesamt hat es, seit ich hier bin immerhin schon 6 Mal geregnet, wenn ich richtig zähle…und das in 2 Monaten), kommen die Herbs (Herpatological Fauna), also Chamäleons, und Stachelschwanzechsen, vermehrt aus ihren Verstecken. Wir sehen 3 Chamäleons und zahlreiche 3-Auchen-Eidechsen (Chalarodon madagascariensis, haben einen Fleck auf dem Kopf, der aussieht wie ein drittes Auge). Sakalava Weavers (Ploceus sakalava) fliegen um einen Tamarindenbaum, in welchem ihre kunstvollen Nester hängen.

Am Ende schauen wir uns noch in einem kleinen Museum um, was ein großartiges Sammelsurium darbietet. Von Walknochen, über versteinerte Ammoniten, von Halbedelsteinen bis zu Glasklumpen, von Pousse-Pousse-Fahrer Hüten bis zu traditionellen Flipflops und riesigen, als Rassel benutzen Samen einer Mimose findet sich alles in diesem kleinen Raum.

Radiated tortoise_Geochelome radiata

Radiated tortoise_Geochelome radiata

Draußen sehen wir noch den Stern von Madagaskar – also Radiator Schildkröten (Geochelone radiata) mit der spezifischen Panzermaserung. Die nachgezogenen Schildkröten – die immerhin bis zu 100 Jahre alt werden können – werden wohl nie ihren Weg in die Freiheit finden. Jeden Tag werden an den Flughäfen zahlreiche Schildkröten von Schmugglern befreit, welche diese nach China verkaufen wollen. Die Menschen würden die Schildkröten auch hier sofort einsammeln und entweder essen, oder verkaufen. Im degradierten Wald finden diese langlebigen Wesen ohnehin kaum noch Schutz und die Brände und die Entwaldung nehmen Nahrung und Lebensgrundlage.

Fragipani

Fragipani

Von verrückten Tieren und eigentümlichen Grabstätten

Letzte Woche (06.01.2916) besuchten Nikki, Samuel (der brasilianische Volunteer) und ich in Toliara das winzige Museum der Universität dort. Die Uni ist so klein, dass so ziemlich alle Dozenten jedes Mal von Tana, der Hauptstadt eingeflogen werden müssen, um Unterricht zu geben. Entsprechend viel Unterricht fiel während des monatelangen Streiks von Air Mad 2015 aus.

TuéarToliara MapDas Museum ist ziemlich versteckt und wir laufen, trotz gemaltem Stadtplan einige Kreise, bis wir es finden. Nichtsdestotrotz kann das Museum mit einigen Seltenheiten aufwarten!

Gleich am Eingang sehen wir ein nachgebautes Mahafali und ein Sakalava Grab. Beide bestehen aus Steinhügeln. Die Mahafali-Gräber zeichnen sich durch geschnitzte Holzlatten aus, auf deren Spitze ein Symbol für den Reichtum des Verstorbenen prangt. Das kann, wenn er Zebus besaß ein Zebu, genauso gut aber auch ein Taxi-Brousse oder etwas anderes sein. Die Sakalava-Gräber haben ringsherum wie einen kleinen, hölzernen Gartenzaun, auf dessen Ecken geschnitzte Holzfiguren sitzen. Kopulierende Paare, wenn derjenige den Frauen zugetan war und Flamingos für Wohlstand. Die Madagassen sind in ihren Darstellungen recht eindeutig. So gibt es auch eine kleine Holzstatue mit einem überdimensionalen Penis, um Fruchtbarkeit zu symbolisieren.

An der Wand gibt es Perlen von Schamanen zu sehen. Lustigerweise bedeutet die Farbkombination Jamaica „Rasta“, die mit weiß rings herum „arroganter Mann“ bzw. „arrogante Frau“. Des Weiteren sehen wir noch lustige Hüte aus getrockneten Kugelfischen und aus Baobab-Fasern.

Erstaunlich ist auch die nachgebildete Vezo-Hütte, die den Behausungen unser Fischer- und Schilf-Sammler-Nachbarn in Ambondrolava ganz ähnlich sieht. In Sachen Haushaltsgegenstände hat sich seit 100 Jahren nicht viel getan: Die Fischernetze schwimmen heute weniger mit Muscheln auf, als mit Plasteflaschen und werden nicht mehr genknüpft sondern sind umgewandelte Moskitonetze. Die Schilfteppiche und Schilfflechtteller (um die Steine aus dem Reis zu posamentieren) sind noch die gleichen, genauso wie die Schilf-Hütten  und die Balsaholz-Pirogen. Gekocht wird heute eher mit Holzkohle, als mit Holz und die Töpfe sind nicht mehr aus Ton, sondern aus Aluminium.

Vezo Hütte

Vezo Hütte

Im nächsten Raum sehen wir das 30cm große, aus Fundstücken zusammengeklebte riesige Ei des Elefantenvogels Aepyornis. Diese Riesenfiecher, 3m groß und flugunfähig, bewohnten den 8. Kontinent zusammen mit den Riesenlemuren bis die Menschen ihnen den Gar austrieben. Erinnert mih ein bisschen an den Moa in Neuseeland.  Gleich daneben sehen wir das Skelett des ach so berühmten Aye-Aye, eines Mausgroßen nachtaktiven Lemur – vielleicht bekannt als das weinerliche Wesen aus dem Film Madagaskar. Um die Ecke ist das halbe Skelett des lange ausgestorbenen Pygmähippos zu sehen, ein Zwergnilpferd wie es sonst kein weiteres auf der Welt gab.

Alles ziemlich beeindruckend für 2 kleine, eingestaubte Räume!

Silvester 2015 – So viele Erlebnisse passen in keine Nacht

Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr haben wir alle recht entspannt in Honko verbracht. Man kann es schon fast eine dörfliche Idylle nennen – wenn man von der Armut der Menschen und der zerstörten Natur einmal absieht. Über Silvester sind wir nach Toliara gefahren. Mittag gab es am 31.12. in einem kleinen indischen Restaurant, was vor lauter mit Gewürzen und Tees vollgestopften Regalen fast aus allen Nähten platzte. Natürlich haben wir nach dem sehr guten, reichhaltigen und nur wenig ursprünglich indischen Essen alle eine Runde Gewürze, Räucherstäbchen zw. Tees gekauft! Die Besitzer haben uns sogar jeweils umsonst ein kleines Päckchen mitgegeben. Nach dem Essen warteten vor dem Restaurant schon die Pousse-Pousse und die Straßenkinder. Erstere bekamen aus Ermangelung an Kleingeld (1000Ar Scheine) und zweiter wegen Silvester ein bisschen Extra-Geld.

Den Nachmittag haben wir dann im kleinen günstigen Hotel Chez Allah verbracht – hier heißen alle Restaurants irgendwie „Chez Irgendwas“. Das Internet war wieder zu schlecht zum Surfen und die Räume zu heiß zum Dösen.

Abends dann in die Strandbar Le Blû, wo wir sonst tagsüber öfters wegen des WWW hingehen. Der Besitzer ist aus Norddeutschland und steht gerne auf den Treppen, um sein Reich wie ein Kapitän oder kleiner König zu überblicken. Aber sehr bemüht und freundlich ist er. Und das zudem zum Personal, was hier nicht besonders häufig vorkommt.

Vazahas, meist sind es allerdings französische oder belgische Expats (im Ausland arbeitende), haben oft eine madagassische Freundin um die 20, oder zwei, oder drei. Ein Weißer, der in der Masse in Europa untergeht ist hier was Besonderes und wird automatisch mit Geld, Wohlstand, Intelligenz etc. assoziiert. Die meisten sind eh Männer und finden ohne Probleme junge madagassische Bewunderinnen. Es regt mich innerlich immer wieder auf. Andererseits ist das Leben mit einem Vazaha – und sei er noch so alt, dick, gemein oder sonst was – ist für viele Frauen hier, welche aus armen Verhältnissen stammen besser, als sich jeden Tag darüber Sorgen zu machen, wie sie etwas zu beißen bekommen. Abgesehen davon ist Fremdgehen unter den madagassischen Männern eh weit verbreitet. Dann doch lieber ein „Arschloch“ mit Geld als ohne. Allerdings gibt es so `ne und solche Vazahas und viele sind sicher auch sympathisch. Der vom Le Blû ist z. B. mit einer Madagassin verheiratet.

Mit solchen Gedanken sitzen wir unter Palmen am Strand und sehen in der Ferne den leuchtenden Hafen. Neben uns sitzt eine Gruppe der hier so verschrienen Chinesen. Das Restaurant füllt sich bald mit Touristen, Expats, Mitarbeitern von NROs (gemeinnützigen Nichtregierungsorganisationen) und wohlhabenderen Madagassen. Zu uns kommen ein paar Volontäre und Praktikanten von Reef Doctor, einer unserer Kooperationspartner. Rede mit einem Luxemburger über Madagaskar und er erzählt von den verheerenden Folgen der Fischereipraktiken für das Riff. Die bedrohten Meeresschildkröten werden oft gefangen und gegessen, bzw. verkauft – oft nach China -, genau wie der Radiata ( radiated tortoise (Astrochelys radiata) Rote Liste) Landschildkröte. Ziemlich betrunken – Madagaskar ist bekannt für seinen guten Rum – fahren wir mit der ganzen Mannschaft (8 Leute) in vier Pousse-Pousse zu Manue Bar L´Etencielle. Manue ist ein schwuler Freund von Lara, der Projektmanagerin, und die Bar noch relativ neu. Wir tanzen zu einem Mix aus amerikanischer und madagassischer Musik verrückte Bollywood Interpretationen, unterbrochen nur von den regelmäßigen Stromausfällen. Mit uns, andere Freunde von Manuel, u.a. ein Inder der in Import-Export arbeitet und eine Madagassin die bei der einzigen privaten Post arbeitet. Null Uhr wird relativ unspektakulär mit Bier – oder was grad zur Hand ist – angestoßen, man wird von allen umarmt und auf die Wangen geküsst.

Anschließend poussen wir zur Disco Tam-Tam, welche brechend voll und aus Ermangelung einer Klimaanlage saunaheiß ist. Nikki ist mit einem Reef Doctor Praktikanten verschwunden, nachdem sie um ihre Bankkarten, Geld und Brillenetui erleichtert wurde. Lara verschwindet irgendwann mit einem ihrer madagassischen Bekannten.  Die nächste Disko verlasse ich nach nicht mal 10 Minuten wieder, da viel zu viele Madagassen nach meinem Hintern greifen. Es wird ein langer Abend und erst 5:00 früh gelangen wir (nur noch zu zweit) wieder ins Hotel.

Am anderen Tag 01.01.2016 erfahren wir, dass der 2 Meter große und recht betrunkene Luxemburger in eins der Löcher auf dem Gehweg gefallen sind, und seine ganze Frontreihe (6 Stück) Zähne verloren habt. Als wir ihn treffen, hält er triumphierend seine Zähne in einem Glas mit Alkohol hoch. Hier im Krankenhaus können sie außer Schmerzmittel nicht viel für ihn tun und darum geht es für ihn nach nur 2 Wochen Madagaskar am anderen Tag wieder nach Luxemburg. Mike ist vor ein paar Wochen ebenfalls in ein Loch gefallen, hat sich aber nur den Fuß verletzt.

Nikkis Geldkarten und die Brille finden sich wieder an, zwei Handys von den Reef Doctor Leuten nicht. Einem madagassischem Mitarbeiter von Reef Doctor wird auf offener Straße eins übergezogen und Handy und Geld abgenommen. Tuléar ist ein gefährliches Pflaster!

Nach den Silvestererlebnissen nach Ambondrolava zurückzukommen war gar nicht so einfach. Am 01.01. geht in Tuléar nichts und man sieht, außer einigen noch feiernden Gesellen, niemanden auf den Straßen. Alle Läden und Restaurants haben zu und die Taxi-Brousse Station war wie leergefegt. Irgendwann konnten wir mit einem 4×4 (Geländewagen) einer madagassischen Hippiefamilie per Anhalter mitfahren. Was war ich erleichtert, wieder in der Dörflichen Idylle zurückzusehen!

Eine ganz normale Woche: Mittwoch

Mittwoch

Mitte der Woche ist Lebensmittel einkaufen für Lalas angesagt und wir fahren nach Tuléar für Internet und andere Besorgungen. Meist geht es kurz nach 6:00 Uhr los. Wir kaufen Buk-Buk und Mukari, warm sind die am besten, direkt vom Stand in Ambondrolava, während wir auf ein Taxi-Brousse warten. Nach einigen Minuten bis Stunden kommt dann auch mal eins vorbei.

Meist sind die Autos schon so vollgestopft mit Menschen, dass kein Europäer mehr Platz für noch mehr Menschen vermuten würde. Irgendwie quetscht man sich dann zwischen Körbe voller Mangos und zig andere Menschen. Es geht die Sandpiste bzw., Schotterstraße entlang, bis zu dem Stück, das die Chinesen schon asphaltiert haben. In Tuléar gibt es das schöne Hinweisschild: Vorsicht, Bauarbeiten auf den nächsten 109km, bitte nur 40km/h fahren. Hält sich natürlich keiner dran!

Im Ort Belalanda sieht man Kinder in „Schuluniform“– heißt mit einem blauen Kittel – zur Schule stapfen. In Tuléar ist der Dresscode schwarze Hose mit weißem Oberteil. Woanders tragen die Kinder bestimmte Blusen, Röcke oder auch nur T-Shirts. Es geht über die einspurige, ziemlich kaputte Brücke über den großen, ausgetrockneten Fluss Fiherenana, durch dessen Flussbett Zebu Herden und vereinzelte Menschen sich ihren Weg bahnen. Das erinnert immer ein bisschen an eine Karawane in der Wüste.

Vor Tuléar befindet sich eine riesige, stetig qualmende Müllhalde. Die Deutsch-Madagassische Kooperation hat ein Müllauto gesponsert. Müllmenschen suchen schon in der Früh, bei 30°C, nach brauchbarem. Im Reserve sammeln wir keinen Müll auf, denn etwas Besseres als verbrennen könnten wir damit auch nicht tun

Die Pousse-Pousse Fahrer hängen sich an unsere Rucksäcke und wir lassen und nach Preisverhandlungen zur französischen Patisserie La Rose d´Or fahren. Das ist das einzige Café, was jetzt schon offen hat. Hier bekommt man Café au lait (mit Trockenmilch) und wahnsinnig gute Pains au Chocolat, Croissants, Eclairs und Palmiers. Palmiers sind Palmenförmige Schweineohren – sehr lecker. Die günstigere Alternative sind Mufkitas, also in Teig frittierte Bananen (mit Café unter 1000Ar) vom Markt.

Danach geht es zur ziemlich verbarrikadierten Bank – wieder mit Pousse-Pousse – wo ein Wachmann den Automaten bewacht. Im Score, dem einzigen Supermarkt der Stadt, der im Übrigen nur von Vazahas und Angeheirateten besucht wird, versorgen wir uns mit kleinen Annehmlichkeiten. Madagassischer Schokolade (Lindt kostet 14.000Ar!), Saft, Keksen etc. Hier gibt es auch ein bisschen Weihnachts-Deko und Schokoladenadventskalender im Kühlregal. Trägt man sie nach draußen, schmilzt die Schokolade wahrscheinlich in weniger als 5 Minuten.

Anschließend fahren wir meistens zu Le Boeuf, einem Vazaha-Restaurant einer Französin mit Internet. Wie gebannt starren wir bis zum Mittag auf unsere Computer-Bildschirme, nur unterbrochen von gelegentlichen Internet-Ausfällen, während ein Welpe (Cerise) sich in unsere Füße verbeißt.

Le Blû Strand

Le Blû Strand

Manchmal verschlägt es uns auch in die Gelateria, gegründet von einem Italiener. Das Eis ins klasse und es gibt Sorten wie Banane, Litschi und Mango – alles madagassische Früchte. Kaltes Essen ist hier eine Rarität und genüsslich schlecken wir unser Eis, während wir versuchen mit daheim über das World Wide Web Kontakt aufzunehmen. Ab und an gibt es einen Stromausfall, da ist ein Eis eine gute Ablenkung. Da es bereits um 9:00 Uhr bestimmt 30°C sind, ist Eis vor dem Mittag auch vollkommen ok.

Le Blû

Le Blû

Von dort fahren wir manchmal zu Le Blû, einem Restaurant mit Meerblick, Internet und mit ausgezeichneter Pizza. Mittag in den Vazaha-Restaurants ist so um die 14.000 Ar (4€), weswegen es uns manchmal zu Chez Zaza verschlägt, einem madagassischen Restaurant von Laras Bekannten. Hier gibt es neben Burgern und Misoa spéciale (eine Art chinesische gebratene Nudeln mit Meeresfrüchten und Zebu Streifen) vor allem kalte Getränke. In Honko haben wir ja nur warmes Bier, da es im Umkreis von 15km keinen Kühlschrank gibt.

Gegen 15:00Uhr machen wir uns auf den Rückweg, da bereits eine Stunde später die Taxi-Brousses spärlicher ausfallen. Steigt man in ein Halbvolles ein, muss man oft noch eine Stunde warten, bis auch der letzte Quadratzentimeter belegt ist. Neulich sind wir in eine Art Schulbus gefahren (10 Reihen, à 4 europäische Sitzplätze). Am Ende waren wir mehr als 60 Leute in dem Gefährt, einschließlich schreiender Kinder, Körbe voller Mangos, Tüten voller Fisch und Säcke mit Reis.

Ziemlich eingestaubt wünscht man sich dann nichts sehnlicher, als die Bucket-Dusche und nach all den kulinarischen Genüssen schmeckt auch der Fisch aus dem Ort mit Reis wieder besonders.

Besser eine Ziege auf dem Dach als Aale unterm Sitz

Wer in Madagaskar von A nach B will, muss sich schnell an das das Motto Mora-Mora (easy-easy), also langsam-langsam gewöhnen.

Als wir z.B. mit dem Langstrecken-Taxi-Brousse zum Parc National d´Isalo fahren wollten, stand auf unserer Quittung: Treffpunkt 6:30 Uhr (03.12.2015). Waren wir dann auch. Zuerst wurde unser Gepäck aufgeladen und noch ein paar weitere Sachen. Da es um diese Zeit schon fürchterlich heiß ist – so um die 30°C – haben wir uns gegenüber in einem Straßencafé im Schatten platziert. Wir sahen zu, wie zusätzlich zu unseren Sachen noch ein Sack mit Fisch und weiteres Handelsgut aufgeladen wurde. Dann wurde alles wieder abgeladen und eine komplette Schrankwand einschließlich Glasfenstern auf den Minibus geladen. Also unser Gepäck wieder aufgeladen und alles mit einer Plane abgedeckt. Dann noch ein paar Koffer und natürlich der Fisch. Schließlich wurde alles mit Seilen irgendwie festgezurrt.

2 Stunden später ging es dann endlich los. Die Zeit verflog allerdings recht schnell, da an einer Taxi-Brousse Station immer  viel los ist und so war es sehr unterhaltsam. Wir wurden von 10 verschiedenen Leuten angebettelt, uns wurden über 15 verschiedene Dinge angeboten (Hüte, Säbel, Scheren, Feuerzeuge, Armreifen, Mangos, Dolche, Lambas – große Tücher-, Litschis, frittiertes Gebäck…) und wir wurden mächtig eingestaubt.

Auf dem Rückweg (06.12.2015) ging es relativ schnell los – dachten wir zumindest. Im Abfahrtsort Ilakaka hat dann noch 3 Mal der Fahrer gewechselt und verschiedene Dinge wurden überall noch auf- und abgeladen. Nach ca. 4 Stunden Fahrt standen wir dann 2 Stunden an verschiedenen Orten in einer Stadt, die als Warenumschlagplatz zwischen der Hauptstadt Tana und dem Süden, also Tuléar fungiert. Maniok – oder Cassava, wie es hier heißt – wurde in Säcke gestopft und oben noch jeweils ein Sack drangenäht, damit mehr reinpasst. Ein paar Küken in einem Korb wurden aufs Dach verfrachtet und Menschen stiegen zu und aus, sprangen aufs Dach und hinunter und verkauften uns durch die Fenster allerlei Dinge (Sambosas – frittierte dreieckige Teigtaschen, Bananen, Kuchen…). Kinder hangelten sich an den Fenstern hoch und fragten in Málagas-Französisch nach Geschenken, Bananen und Geld. Wir versuchten mit unserem rudimentären Málagas zurück zu kommunizieren und von den Fotos auf meiner Kamera waren alle ganz begeistert. Die Rückfahrt dauerte für 190km insgesamt 9 Stunden (25.000Ar)  und das bei knallender Sonne, stetig plärrendem Radio und natürlich ohne Klimaanlage!

Also Mora-Mora – wir mussten dann noch eine Nacht in Tuléar bleiben, da ab 16:00 Uhr keine Taxi-Brousse mehr nach Ambondrolava fahren. Hier nimmt man das hin, und so hatten wir einen schönen Abend und blieben noch den nächsten halben Tag, um das Internet zu nutzen.

Zu den schlechten Straßenzuständen kommen auch noch die zahlreichen Polizeikontrollen. Es gibt die Police Nationale, die Gendarmerie, die National Police usw. Hängt immer ganz davon ab, wo sie ihre Uniformen her haben. Lustigerweise haben keine 2 Polizeikontrollen die gleichen Uniformen. Vielleicht exportiert der Westen sowas hier auch her. Manchmal wollen sie unsere Pässe sehren, manchmal nicht. Manchmal wollen sie die Dokumente des Fahrers sehen und geben sich dann mit ein paar Scheinchen zufrieden. Manchmal beschweren sie sich über das zu viele Gepäck oder starren einem nur minutenlang in den Ausschnitt. Über die gesprungenen Frontscheiben, fehlende Reifenprofile etc. hat sich jedoch noch keiner beschwert. Auch müssen viele Busse und andere Transportmittel von uns oder den hinten sitzenden oft erst einmal angeschoben werden, eh der Motor anspringt. Bergauf ist immer so eine Sache. Oft wird auch Benzin und Öl nachgefüllt – die Kanister stehen zwischen uns Passagieren. Anschnallgurte habe ich seit ich aus dem Flugzeug gestiegen bin nicht mehr gesehen!

Was ist ein Taxi-Brousse?

Ein Kleinbus oder auch größerer Bus der zwischen nahe gelegenen Orten oder über weit entfernte Strecken fährt, z.B. Tuléar – Tana 19h. Die Fahrer trinken nebenher gerne mal ein bisschen, um sich bei Laune zu halten. Die ganze Zeit hört man die sehr schwungvolle, madagassische Musik aus überdimensionierten Lautsprechern. Die Gefährte haben oft wegen des zahlreichen Gepäcks ziemlich Ober-Last und rosten an allen Ecken. Trotzdem fahren sie recht zügig. Die RN7 zwischen der Hauptstadt und Tuléar ist die bestausgebaute Straße und hat doch Schlaglöcher, in denen schon mal ein Kleinwagen verschwinden könnte. In den Langstrecken-Taxi-Brousse ist es nicht ganz so voll, wie in den lokalen.

Allerdings fahren hier genauso auch Tiere mit! In den 9h Fahrt hatten wir die ganze Zeit einen angebundenen lebenden Truthahn zwischen den Beinen, dem die Umstände der Fahrt natürlich gar nicht recht waren. Einmal hatten wir eine Ziege auf dem Dach, die hat geblökt wie ein Baby. Die Tüte Fisch auf dem Dach wurde nach 3 Stunden recht unangenehm, da der Fischsaft durch das Fenster in den Bus tropfte. Einmal hatte ich eine Stunde lang eine Schüssel toter Aale zwischen den Beinen – dann doch lieber Truthahn.

Die Langstrecke-Tarife sind festgelegt allerdings gibt es eine unübersichtliche Vielzahl von Anbietern und deren jeweiligen Autos, sodass man einfach hofft, dass alles gut geht und sich dann im schwankenden Gefährt nicht traut ein Auge zu zumachen. Die lokalen Preise variieren. Die Strecke Tuléar-Ambondrolava kostet 2000Ar/Person. Die ersten 3 Taxi-Brousse wollten vorgestern (07.12.2015) 3000Ar haben, also gingen wir weiter bis wir ein leeres für 2000Ar fanden. Da man immer wartet, bis das Gefährt voll ist, hätten wir so sicher noch gut 2 Stunden in dem Auto gesessen. Dann wurde uns ein Pick-up für 5000Ar angeboten. Auf dem Weg dahin hat sich der Vermittler meinen Rucksack geschnappt, also wir hinterher. Dann haben die anderen Fahrer sich doch umentschieden und wollten uns für 2000Ar mitlassen, also Rucksack zurückgeholt und Kommando kehrt. 20min später ging es dann auch schon los. Insgesamt waren wir 28 Menschen einschließlich Gepäck in einem Kleinbus. 6 davon hingen hinten am Auto, bzw. saßen auf dem Dach.

5 Nationen, 12 Hühner, 8 Personen

5 Nationen, 12 Hühner, 8 Personen

Um vom Nationalpark Isalo zur Taxi-Brousse-Station zu kommen (06.12.2015), mussten wir erst einmal mit einem Taxi fahren. Ein 50er-Jahre-Taxi mit Schiebefenstern und nicht viel Technik – zumindest konnten man alle Kabel vorne sehen und das waren nicht viele. Es gab einen Fahrer, 2 französische Touristen, wir 3 Volontäre (deutsch, amerikanisch, britisch) und noch 3 andere Madagassen, 12 Hühner und unsere 3 großen Wanderrucksäcke. Der Junge im Kofferraum musste zum Starten anschieben, ohne dass dabei die Hühner aus den Kofferraum fliehen konnten. War schon recht amüsant das alles.

Was ist ein Pousse-Pousse?

Übersetzt heißt das Schieb-Schieb, obwohl eigentlich eher gezogen wird. Madagaskar wurde aus dem Norden eher von asiatischen Stämmen und aus dem Süden eher von afrikanischen Stämmen besiedelt. Die Asiaten brachten die Rikscha mit. Die Ursprungsform ist besonders groß, hat 2 Räder und wird von einer laufenden Person gezogen. Pousse-Pousse-Fahrer sind alles Männer.

Die neuere Version heißt Cyclo-Pousse und erinnert an die Fahrradrikschas in Berlin. Ein Fahrrad also mit hinten Platz für 2 Personen, oder 4, oder 5 Säcke Reis, oder 3 Wannen Fisch – je nachdem. Die Fahrer haben oft Tücher um die Hüfte geschwungen oder man sieht ihren ziemlich durchlöcherten Hosenboden. Bergauf wird geschoben,  bergab mit der ziemlich laut quietschenden Bremse gebremst, bzw. „gehupt“ (das Quietschen ist allgegenwärtig). Manche haben nachts sogar Licht. Vielen fehlen die Pedale, die durch kleine Holzstückchen ersetzt werden. Manche haben Kunstblumen oder andere Verzierungen – wie z.B. aufgemalte Werbung für das ach so berühmte Three Horses Beer (THB). Besonders aufdringlich sind die Pousse-Pousse-Fahrer an der Taxi-Brousse-Station. Sie wollen einen direkt in ihre Gefährte ziehen, bzw. reißen einem fast das Gepäck weg. Auch wenn wir in Tuléar kurze Wege zu Fuß zurücklegen wird uns ständig „Pousse?“ zugerufen. Dann antworten wir „Tsy mila, changa-changa!“ (Nein danke, wir laufen.)

Die letzte Steigerungsform ist das Tuck-Tuck. Ein Moped mit Passagierkabine für 2 Menschen, oder ggf. mehr. Alle diese Mobile sind oft nur geliehen und die Fahrer müssen ziemlich viel arbeiten, um die Miete zu bezahlen. Man bezahlt hier nur nach Gefährt und nicht nach Anzahl der Personen. D.h. 2000Ar vom Taxi-Brousse Bahnhof ins Zentrum von Tuléar, ob nun mit 1 oder 2 Personen.

Was ist eine Piroge?

Ein Boot mit Auslegerarm, also wie ein Einbaum-Katamaran. In Polynesien werden glaube ich ähnliche Boote verwendet. In Honko haben wir eine Piroge für Touristen. Sie werden aus dem sehr leichten Balsa-Holz gefertigt und dienen vor allem zum Fischen und zur Fortbewegung entlang der Küste. Manche haben auch Segel – oft in Madagaskar-Farben (rot, grün, weiß). Innerhalb Tuléars trifft man auf der Straße durchaus auch mal auf Pirogen – gestapelt auf einem Zebu-Karren.

Zebu-Karren in Tuléar

Zebu-Karren in Tuléar

Zebus sind afrikanische Rinder, die oft ziemlich ausgemergelt aussehen und einen Höcker aus Fett haben. Zebu-Fleisch gilt als Delikatesse und so werden sie – außer für Touris – nur zu Festtagen geschlachtet, denn eins kostet wohl um die 500€, also viel Geld hier.

Impressionen…

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Sie haben ihr Ziel erreicht!

Mein Flug von Tana nach Morondava geht zwar später, sodass ich unter normalen Umständen in Europa meinen Anschlussflug innerhalb der 30min dazwischen niemals bekommen hätte – aber da es sich hier um das gleiche Flugzeug handelt, klappt das gut. Auf dem Flug sieht man wieder viele Feuer brennen und ganz viel vertrocknetes Land, sowie riesige, fast trockene Flussbetten.

Das Flugzeug von Air Madagascar ist erstaunlich modern, auch wenn gerade 80 Leute reinpassen und die Maschine Propeller hat. Es gibt auf dem einstündigen Flug sogar ein Getränk! Der Flughafen in Morondava ist winzig. Wir bekommen einen Zettel mit „Transit“ in die Hand gedrückt und setzten uns direkt auf die einzigen Stühle wieder hin. Außer unserer Ankunft passiert hier auch nicht viel. Flugzeuge in Madagaskar zu fotografieren ist übrigens verboten. Die meisten der Passagiere steigen wieder ein und dann geht es eine Stunde weiter nach Toliara.

Ich werde von einem Taxifahrer von Honko Mangrove Conservation & Education abgeholt. Der Rastafari Musiker aus dem Flugzeug kommt auch gleich mit. Beim Taxi ist übrigens fast alles kaputt: Der Kofferraum geht nicht zu, die Halterung der Klappe ist DIY repariert, die Geschwindigkeitsanzeige ist kaputt und die Blinker sind abgebrochen – hält der Fahrer halt die Hand raus. Es geht über kaputte, noch kaputtere, bis nicht mehr existente Straßen durch die Stadt, vorbei an zahlreichen Marktständen, Tuk Tuks, Fahrradrikschas und slumähnlichen Behausungen.

Das hier ist jetzt Afrika – auch wenn die Madagassen das nicht gerne hören – und nicht irgendeine Doku!

Der Fahrer sucht sich seinen Weg auf dem bisschen vorhandenen Asphalt. Die Gesetzte des Rechtsverkehrs werden hier bald ausgesetzt. Dank der bauwütigen Chinesen geht es bald über eine Schottenstraße, den Musiker haben wir zwischendurch abgesetzt. Ein Polizeier tritt auf die menschenleere Straße mitten ind er Wildnis, streckt die Hand aus und bekommt vom Fahrer ein bisschen Geld, dann geht es weiter – bis wir hinter einem Zebu Karren festhängen. Dann weiter bis auf einen Pfad zum Reserve.

…Und dann bin ich nach über 8.000km und 5 Flügen endlich da!

Honko

Apple Mangroves und Atemwurzeln

Klar ist alles very basic, aber besser als gedacht. So ist die Wäsche z. B, jetzt im Volunteer Fee mit drin – außer Unterhosen, denn die zu waschen wäre fady, ist also verboten. Die Unterwäscheleine muss auch an einer für den Guard nicht einsehbaren Stelle hängen. Waschwasser gibt es aus dem Brunnen, „duschen“ tut man sich mit einer Tasse und Trinkwasser filtern wir. Strom gibt nur ein Solarpanel, was mit 2 Laptops an der Steckdose überlastet ist.

Die anderen Volunteers sind Nicola (aus Leeds), Mike (New York) und Dmitra (California). Ansonsten ist noch die zukünftige Projekt Managerin (aus Spanien) und die derzeitige (Lara, Belgien) da. Ich werde gleich herzlich aufgenommen!

Heute gab es zum Frühstück Buk Buks, sowas wie Quarkkäulchen und Mukari, sowas wie die britischen Crumpets, also Pancakes aus Reismehl – alles mit lokalem Honig und Puderzucker. Ansonsten bestehen die Mahlzeiten immer aus Reis mit Gemüse-Fischsauce – wir Volunteers gewöhnen uns langsam die Nachschläge ab, da sonst einerseits nicht genug für die 3 Hunde bleibt und andererseits man auch nicht satter ist als vorher.

Heute waren wir in den Mangroven um Samen von Apple Mangroves zu sammeln – die Früchte sehen wie Äpfel aus. Man muss wegen den Atemwurzeln ein bisschen aufpassen. Es gibt lustige Schlammspringer und zahlreiche Krabben, die sofort davonrennen bzw. in ihre Löcher verschwinden. Und Moskitos natürlich! Wieder zurück haben wir noch Bäumchen gepflanzt und dabei den glutroten Sonnenuntergang genossen.

So far so good!

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Kurz vor dem Abflug

Hallo liebe/r Leser/in,

dies ist ein Blog über meinen kommenden Aufenthalt in Madagaskar bei der Organisation Honko Mangrove Conservation & Education nahe Tulear.

Aktuelle Informationen über die Organisation findest du hier.(in Englisch & Französisch)

Samstag den 14.11. geht mein Flug über Abu Dhabi, Victoria (Seychellen), Antananarivo (Madagaskar), Morondava und dann nach Tulear wo ich am Montag mit dem Auto (hoffentlich) abgeholt werde.

Ich werde am 10.02.2016 die Rückreise antreten, dann aber noch ein paar Tage auf Mauritius verbringen. Am 15.02.2016 lande ich dann wieder in Berlin…

Mal sehen wie das hier mit dem Blog läuft. Vor Ort gibt es kein fließendes Wasser und Strom beziehen wir durch ein Solar-Panel, d.h. Internet gibt es nur in Tulear und ich habe keine Ahnung wie oft ich dort hinfahren werde.

Das Praktikum ist Teil meines Master Studiums Global Change Management in Eberswalde und ist als Research Semester gedacht. Ich werde mich mit der Frage beschäftigen, ob die Arbeit der Organisation vor Ort in Zeiten des Klimawandels nachhaltig ist, was die Probleme sind und wie sie sich evtl. angehen lassen. Mehr Informationen hier.

Im Moment bin ich noch am Packen und freue mich, einige von euch noch einmal zu sehen. Allen anderen liebe Grüße!

Bristol, Berlin und schon wieder auf dem Sprung
Bristol, Berlin und schon wieder auf dem Sprung!

P.S. Meine Handynummer funktioniert nur noch bis Ende nächster Woche. Ich bin weiterhin unter meiner Mailadresse annek_berlin@arcor.de zu erreichen.