Auf Mauritius regnet es während dieser Zeit des Jahres so ziemlich jeden Tag – mehrmals. Eine ganz schöne Umgewöhnung, wenn man 3 Monate in der Wüste gelebt hat. Entsprechend feucht ist stets die Luft und die Moskitos fühlen sich hier pudelwohl. Dank strikten Regularien der Regierung gibt es auf Mauritius aber zum Glück keine Malaria, auch wenn die Mücken hier im Gegensatz zu denen in Madagaskar wahre Giganten sind. Einen negativen Aspekt hat die Malariafreiheit: Es gibt keine standardmäßigen Moskitonetzte. Ich verbringe also die Nacht damit, den Ventilator immer mal wieder anzustellen, um die Mücken wegzublasen, bzw. wieder auszuschalten, um doch etwas zu schlafen.
Der Regen macht wandern auf den Lion Mountain auf der anderen Seite der Bucht unmöglich. Ich entschiede mich stattdessen für eine Teeplantage (13.02.2016) als Ausflugsziel. Die Busse sind zwar alle ziemlich retro und hübsch bunt bemalt, wirken aber im Vergleich zu den Taxi-Brousse in Madagaskar wie Boten der Moderne. Alle Fenster sind ganz, die Tür wird nicht durch ein Seil zugehalten, es gibt kein Geflügel oder anderes Getier der Mitreisenden. Vor allem, man hat extrem viel Platz. Der Bus fährt hier nach Fahrplan und nicht wenn er voll ist. Für 25 Rupees (ca. 0,50€) fahre ich bis Rose Belle, warte ca. eine Stunde zusammen mit einer Gruppe Inderinnen in hübschen Saris auf den Anschluss und dann geht es noch mal 30 min bis Bois Chéri.
Leider wurden schon alle heute gepflückten Teeblätter verarbeitet und so entfällt die Besichtigung der Fabrik. In dem kleinen Tee-Museum erfährt man alles von der Erfindung des Teebeutels (durch die Amerikaner), über den komplizierten Tee-Herstellungs-Prozess bis hin zu Tee-Transportschiffen (lustigerweise gibt es ein Modell von dem Schiff, welches ich 2013 in Greenwich in London besucht habe).
Anschließend geht es zur Teeverkostung an einen kleinen malerisch gelegenen See durch die Plantage. Am Ufer stehen lilafarben blühende Bäume und es ist kaum zu glauben, dass man in einer Monokultur steht, so hübsch ist alles arrangiert. Im Teehaus stehen auf allen Tischen diverse Teesorten, Milchkännchen, Zucker aus lokalem Zuckerrohr und ein paar Kekse. Richtige Tea-Time also.
Besonders gut schmecken der Tee mit Kokosnuss und Vanille und der reine Vanille-Tee. Vanille wird auf Mauritius ebenfalls angebaut. Preislich liegt sie über der Madagassischen, aber zumindest arbeiten hier keine Kinder auf den Plantagen. Bis auf den Kardamom-Tee finde ich alle Sorten später im Supermarkt zu sehr erschwinglichen Preisen. Wie soll das nur alles in den Rucksack passen?
Im strömenden Regen erreiche ich nach der Teeplantage das Grand Bassin oder auch Lac sacré genannt. Dies ist ein kleiner See, umringt von zahlreichen Hindutempeln und einer turmhohen Shiva-Statue. In der Mitte des Sees liegt eine Insel – es wirkt fast zu pittoresk, als das es echt sein könnte. Die Anlage ist riesig und eindeutig für große Massen Gläubiger gebaut. An diesem verregneten Samstag bimmelt aber nur eine einzelne Glocke und wenige Autos stehen auf den fußballfeldgroßen Parkplätzen. Hier könnten alle Autos aus Toliara auf einmal parken!
Der See ist durch die Regenzeit etwas angeschwollen und ergießt sich bereits über die unteren Stufen der Promenade. Einen Schritt ins Wasser und sofort wimmelt es von kleinen Fischen. Sie knabbern an den nackten Füßen, so dass immer mal wieder einer der Umstehenden aufgluckst – es kitzelt tierisch. Woanders muss man für dieses SPA-Erlebnis zahlen, hier geht das umsonst.
Ich bahne mir meinen Weg bis zur Shiva-Statue und werde vom tropischen Regen bis auf die Knochen durchnässt. Die Wassermassen halten einige junge Paare aus einem der Minibusse aber nicht davon ab, eifrig Fotos von sich vor Shiva zu fabrizieren. Morgen ist ja Valentinstag, vielleicht deswegen.
Weil der Bus erst in 1,5h zurückfährt, beschließe ich zu laufen – werde aber glücklicherweise sofort von einem der Minibusse eingesammelt. Es macht nichts, dass ich das Französisch der Insassen nur nach mehrmaligem Nachfragen verstehe, denn die Mauritier sind alle freundlich und hilfsbereit. Da kann man schon mal in einen Minibus mit 6 wildfremden indisch anmutenden Männern einsteigen. Im nächsten Ort steige ich mit einem der Inder in ein eben vorbeifahrendes Auto, was uns bis nach Little France mitnimmt. Wir drücken dem Fahrer zum Dank je 25 Rupees in die Hand und steigen in den Bus bis Mahébourg. Ich bin total platt und die warme feuchte Luft lässt mich wegdösen. Zum Glück muss ich ja eh erst an der Endstation raus.
Am Sonntag (14.02.2016) nehme ich das Rad des Hotelbesitzers und fahre an einem Hindutempel vorbei bis zum lokalen Museum. Es ist in einem Kolonialbau untergebracht. Eine kleine indisch aussehende Mauritierin fängt mich vor dem Gebäude ab, weil sie unbedingt mit mir befreundet sein will. Sie preist mir ihr Heim und ihren Sohn an, der wohl in Großbritannien studiert hat. Ich bin nett und verspreche, wenn ich das nächste Mal die Insel besuchen sollte, sie auf jeden Fall zu besuchen. Sie ist ein bisschen wehmütig, dass ich heute schon fahre, da bleibt also keine Zeit mich für die indische Kultur so zu begeistern, dass ich ihren Sohn heirate.
Später fällt mir auf, dass anlässlich des heutigen Valentinstages ein Großteil der Mauritianer in roten Anziehsachen herumrennt. Zufällig habe ich auch ein rotes T-Shirt an, allerdings eher, weil sich meine brauchbaren Anziehsachen dem Ende neigen. Einen Großteil hatte ich ja in Madagaskar gelassen, denn 3 Monate intensive Handwäsche, Salz und Sonne, bzw. Sonnencreme hatten vielen Sachen eh ganz schön zugesetzt.
Im Museum gibt es vor allem alte Schiffsteile zu sehen, sowie viele Darstellungen von Seefahrern und Sklaven. Bis auf die erste Besiedelung durch die Niederländer, die Kolonialherrschaft der Briten, die An- und Abschaffung der Sklaverei sowie die Kolonialzeit unter den Franzosen gibt es auf Mauritius ja auch nicht viel Geschichte. Viel interessanter sind der Mix der verschiedenen Kulturen, das außerordentlich friedliche Miteinander der Religionen, sowie die umfassende Drei-Sprachigkeit so ziemlich aller Einwohner (Kreol, Französisch, Englisch). Über das moderne Mauritius erfährt man im Museum aber leider nichts.
Nach dem Museum radle ich noch ein bisschen an er Küste entlang bis Vieux Grand Port und passiere zufällig den Ort, wo die Niederländer im 16.Jahrhundert das erste Mal anlandeten. Es geht vorbei an vielen Zuckerrohr- und Maniok-Plantagen. Einen ordentlichen Sonnenbrand hole ich mir und der Hintern schmerzt wie sonst was durch den kaputten Sattel und meine zu Pudding gewordenen Muskeln. Das alles ist aber nichts im Vergleich zu der Freude, nach 3 Monaten mal wieder selbst Rad zu fahren, anstatt sich durch die staubigen Straßen von Toliara fahren zu lassen. Es ist auch klasse, sich mal wieder ernsthaft sportlich zu betätigen, ohne gleich an einem Hitzekollaps zu sterben. Tauchen mag ja als Sport bezeichnet werden und ist tatsächlich auch ermüdend, aber jeder Taucher weiß: Es gilt, nie aus der Puste zu kommen!
Den Nachmittag verbringe ich am Blue Bay, einer kleinen Bucht direkt in der Ein- und Ausflugschneise der Flughafen von Mahébourg. Besonders viele Flieger sind es zum Glück nicht. Mit der Taucherbrille des Hotelbesitzers kann ich im ziemlich aufgewühlten Wasser sogar noch ein paar Papageien-Fische entdecken, die eifrig an den Felsen knabbern. Ein gelungener Schluss dieser Reise!