Besser eine Ziege auf dem Dach als Aale unterm Sitz

Wer in Madagaskar von A nach B will, muss sich schnell an das das Motto Mora-Mora (easy-easy), also langsam-langsam gewöhnen.

Als wir z.B. mit dem Langstrecken-Taxi-Brousse zum Parc National d´Isalo fahren wollten, stand auf unserer Quittung: Treffpunkt 6:30 Uhr (03.12.2015). Waren wir dann auch. Zuerst wurde unser Gepäck aufgeladen und noch ein paar weitere Sachen. Da es um diese Zeit schon fürchterlich heiß ist – so um die 30°C – haben wir uns gegenüber in einem Straßencafé im Schatten platziert. Wir sahen zu, wie zusätzlich zu unseren Sachen noch ein Sack mit Fisch und weiteres Handelsgut aufgeladen wurde. Dann wurde alles wieder abgeladen und eine komplette Schrankwand einschließlich Glasfenstern auf den Minibus geladen. Also unser Gepäck wieder aufgeladen und alles mit einer Plane abgedeckt. Dann noch ein paar Koffer und natürlich der Fisch. Schließlich wurde alles mit Seilen irgendwie festgezurrt.

2 Stunden später ging es dann endlich los. Die Zeit verflog allerdings recht schnell, da an einer Taxi-Brousse Station immer  viel los ist und so war es sehr unterhaltsam. Wir wurden von 10 verschiedenen Leuten angebettelt, uns wurden über 15 verschiedene Dinge angeboten (Hüte, Säbel, Scheren, Feuerzeuge, Armreifen, Mangos, Dolche, Lambas – große Tücher-, Litschis, frittiertes Gebäck…) und wir wurden mächtig eingestaubt.

Auf dem Rückweg (06.12.2015) ging es relativ schnell los – dachten wir zumindest. Im Abfahrtsort Ilakaka hat dann noch 3 Mal der Fahrer gewechselt und verschiedene Dinge wurden überall noch auf- und abgeladen. Nach ca. 4 Stunden Fahrt standen wir dann 2 Stunden an verschiedenen Orten in einer Stadt, die als Warenumschlagplatz zwischen der Hauptstadt Tana und dem Süden, also Tuléar fungiert. Maniok – oder Cassava, wie es hier heißt – wurde in Säcke gestopft und oben noch jeweils ein Sack drangenäht, damit mehr reinpasst. Ein paar Küken in einem Korb wurden aufs Dach verfrachtet und Menschen stiegen zu und aus, sprangen aufs Dach und hinunter und verkauften uns durch die Fenster allerlei Dinge (Sambosas – frittierte dreieckige Teigtaschen, Bananen, Kuchen…). Kinder hangelten sich an den Fenstern hoch und fragten in Málagas-Französisch nach Geschenken, Bananen und Geld. Wir versuchten mit unserem rudimentären Málagas zurück zu kommunizieren und von den Fotos auf meiner Kamera waren alle ganz begeistert. Die Rückfahrt dauerte für 190km insgesamt 9 Stunden (25.000Ar)  und das bei knallender Sonne, stetig plärrendem Radio und natürlich ohne Klimaanlage!

Also Mora-Mora – wir mussten dann noch eine Nacht in Tuléar bleiben, da ab 16:00 Uhr keine Taxi-Brousse mehr nach Ambondrolava fahren. Hier nimmt man das hin, und so hatten wir einen schönen Abend und blieben noch den nächsten halben Tag, um das Internet zu nutzen.

Zu den schlechten Straßenzuständen kommen auch noch die zahlreichen Polizeikontrollen. Es gibt die Police Nationale, die Gendarmerie, die National Police usw. Hängt immer ganz davon ab, wo sie ihre Uniformen her haben. Lustigerweise haben keine 2 Polizeikontrollen die gleichen Uniformen. Vielleicht exportiert der Westen sowas hier auch her. Manchmal wollen sie unsere Pässe sehren, manchmal nicht. Manchmal wollen sie die Dokumente des Fahrers sehen und geben sich dann mit ein paar Scheinchen zufrieden. Manchmal beschweren sie sich über das zu viele Gepäck oder starren einem nur minutenlang in den Ausschnitt. Über die gesprungenen Frontscheiben, fehlende Reifenprofile etc. hat sich jedoch noch keiner beschwert. Auch müssen viele Busse und andere Transportmittel von uns oder den hinten sitzenden oft erst einmal angeschoben werden, eh der Motor anspringt. Bergauf ist immer so eine Sache. Oft wird auch Benzin und Öl nachgefüllt – die Kanister stehen zwischen uns Passagieren. Anschnallgurte habe ich seit ich aus dem Flugzeug gestiegen bin nicht mehr gesehen!

Was ist ein Taxi-Brousse?

Ein Kleinbus oder auch größerer Bus der zwischen nahe gelegenen Orten oder über weit entfernte Strecken fährt, z.B. Tuléar – Tana 19h. Die Fahrer trinken nebenher gerne mal ein bisschen, um sich bei Laune zu halten. Die ganze Zeit hört man die sehr schwungvolle, madagassische Musik aus überdimensionierten Lautsprechern. Die Gefährte haben oft wegen des zahlreichen Gepäcks ziemlich Ober-Last und rosten an allen Ecken. Trotzdem fahren sie recht zügig. Die RN7 zwischen der Hauptstadt und Tuléar ist die bestausgebaute Straße und hat doch Schlaglöcher, in denen schon mal ein Kleinwagen verschwinden könnte. In den Langstrecken-Taxi-Brousse ist es nicht ganz so voll, wie in den lokalen.

Allerdings fahren hier genauso auch Tiere mit! In den 9h Fahrt hatten wir die ganze Zeit einen angebundenen lebenden Truthahn zwischen den Beinen, dem die Umstände der Fahrt natürlich gar nicht recht waren. Einmal hatten wir eine Ziege auf dem Dach, die hat geblökt wie ein Baby. Die Tüte Fisch auf dem Dach wurde nach 3 Stunden recht unangenehm, da der Fischsaft durch das Fenster in den Bus tropfte. Einmal hatte ich eine Stunde lang eine Schüssel toter Aale zwischen den Beinen – dann doch lieber Truthahn.

Die Langstrecke-Tarife sind festgelegt allerdings gibt es eine unübersichtliche Vielzahl von Anbietern und deren jeweiligen Autos, sodass man einfach hofft, dass alles gut geht und sich dann im schwankenden Gefährt nicht traut ein Auge zu zumachen. Die lokalen Preise variieren. Die Strecke Tuléar-Ambondrolava kostet 2000Ar/Person. Die ersten 3 Taxi-Brousse wollten vorgestern (07.12.2015) 3000Ar haben, also gingen wir weiter bis wir ein leeres für 2000Ar fanden. Da man immer wartet, bis das Gefährt voll ist, hätten wir so sicher noch gut 2 Stunden in dem Auto gesessen. Dann wurde uns ein Pick-up für 5000Ar angeboten. Auf dem Weg dahin hat sich der Vermittler meinen Rucksack geschnappt, also wir hinterher. Dann haben die anderen Fahrer sich doch umentschieden und wollten uns für 2000Ar mitlassen, also Rucksack zurückgeholt und Kommando kehrt. 20min später ging es dann auch schon los. Insgesamt waren wir 28 Menschen einschließlich Gepäck in einem Kleinbus. 6 davon hingen hinten am Auto, bzw. saßen auf dem Dach.

5 Nationen, 12 Hühner, 8 Personen

5 Nationen, 12 Hühner, 8 Personen

Um vom Nationalpark Isalo zur Taxi-Brousse-Station zu kommen (06.12.2015), mussten wir erst einmal mit einem Taxi fahren. Ein 50er-Jahre-Taxi mit Schiebefenstern und nicht viel Technik – zumindest konnten man alle Kabel vorne sehen und das waren nicht viele. Es gab einen Fahrer, 2 französische Touristen, wir 3 Volontäre (deutsch, amerikanisch, britisch) und noch 3 andere Madagassen, 12 Hühner und unsere 3 großen Wanderrucksäcke. Der Junge im Kofferraum musste zum Starten anschieben, ohne dass dabei die Hühner aus den Kofferraum fliehen konnten. War schon recht amüsant das alles.

Was ist ein Pousse-Pousse?

Übersetzt heißt das Schieb-Schieb, obwohl eigentlich eher gezogen wird. Madagaskar wurde aus dem Norden eher von asiatischen Stämmen und aus dem Süden eher von afrikanischen Stämmen besiedelt. Die Asiaten brachten die Rikscha mit. Die Ursprungsform ist besonders groß, hat 2 Räder und wird von einer laufenden Person gezogen. Pousse-Pousse-Fahrer sind alles Männer.

Die neuere Version heißt Cyclo-Pousse und erinnert an die Fahrradrikschas in Berlin. Ein Fahrrad also mit hinten Platz für 2 Personen, oder 4, oder 5 Säcke Reis, oder 3 Wannen Fisch – je nachdem. Die Fahrer haben oft Tücher um die Hüfte geschwungen oder man sieht ihren ziemlich durchlöcherten Hosenboden. Bergauf wird geschoben,  bergab mit der ziemlich laut quietschenden Bremse gebremst, bzw. „gehupt“ (das Quietschen ist allgegenwärtig). Manche haben nachts sogar Licht. Vielen fehlen die Pedale, die durch kleine Holzstückchen ersetzt werden. Manche haben Kunstblumen oder andere Verzierungen – wie z.B. aufgemalte Werbung für das ach so berühmte Three Horses Beer (THB). Besonders aufdringlich sind die Pousse-Pousse-Fahrer an der Taxi-Brousse-Station. Sie wollen einen direkt in ihre Gefährte ziehen, bzw. reißen einem fast das Gepäck weg. Auch wenn wir in Tuléar kurze Wege zu Fuß zurücklegen wird uns ständig „Pousse?“ zugerufen. Dann antworten wir „Tsy mila, changa-changa!“ (Nein danke, wir laufen.)

Die letzte Steigerungsform ist das Tuck-Tuck. Ein Moped mit Passagierkabine für 2 Menschen, oder ggf. mehr. Alle diese Mobile sind oft nur geliehen und die Fahrer müssen ziemlich viel arbeiten, um die Miete zu bezahlen. Man bezahlt hier nur nach Gefährt und nicht nach Anzahl der Personen. D.h. 2000Ar vom Taxi-Brousse Bahnhof ins Zentrum von Tuléar, ob nun mit 1 oder 2 Personen.

Was ist eine Piroge?

Ein Boot mit Auslegerarm, also wie ein Einbaum-Katamaran. In Polynesien werden glaube ich ähnliche Boote verwendet. In Honko haben wir eine Piroge für Touristen. Sie werden aus dem sehr leichten Balsa-Holz gefertigt und dienen vor allem zum Fischen und zur Fortbewegung entlang der Küste. Manche haben auch Segel – oft in Madagaskar-Farben (rot, grün, weiß). Innerhalb Tuléars trifft man auf der Straße durchaus auch mal auf Pirogen – gestapelt auf einem Zebu-Karren.

Zebu-Karren in Tuléar

Zebu-Karren in Tuléar

Zebus sind afrikanische Rinder, die oft ziemlich ausgemergelt aussehen und einen Höcker aus Fett haben. Zebu-Fleisch gilt als Delikatesse und so werden sie – außer für Touris – nur zu Festtagen geschlachtet, denn eins kostet wohl um die 500€, also viel Geld hier.

Impressionen…

This slideshow requires JavaScript.